Alex: Paul, warum kann man beispielsweise in Italien oder Österreich quasi überall einen richtig leckeren Kaffee bekommen und in Deutschland muss man oft ziemlich lange danach suchen?

Paul: In Italien und auch in Österreich ist Kaffeemachen mit langer Tradition verbunden. Leider ist den Gastronomen in Deutschland oft nicht bewusst, dass richtig guter Kaffee Leute zieht. Kaffee ist vielen Gastro-Leuten einfach egal. Da wird ein tolles Restaurant eingerichtet und zwei Tage vor der Eröffnung merkt man: „Ach, da fehlt ja noch der Kaffee!“ Und dann lässt man sich einen Vollautomaten hinstellen. Da kommt kein guter Kaffee raus. Es fehlt einfach an Bewusstsein.

Alex: Was ich wirklich schlimm finde: viele Gäste haben sich schon an den schlechten Kaffee gewöhnt und empfinden den gar nicht als so schlecht. Was sagst du dazu?

Paul: Das ist ähnlich wie bei Wein – wenn man öfter welchen trinkt, ist eben Wein nicht mehr gleich Wein. Das kommt viel drauf an, wie man kulinarisch sozialisiert wurde. Ich liebe beispielsweise total gutes Essen, gebe fast mein ganzen Geld für Essen aus!

Alex: Wo?

Paul: Zum Beispiel beim Japaner Niko in Mainz, beim Buchholz, in Heidesheim im Landgasthof Maus. Leider gibt’s oft selbst im Sternerestaurant nach einem superleckeren Essen eine Kaffeekatastrophe.

Alex: Warum ist dir Kaffee so wichtig?

Paul: In einem Cafe, in dem ich immer meinen leckeren Kaffee getrunken habe, haben die irgendwann Personal gesucht und ich hab angefangen, dort zu arbeiten. Das hat mich dann so fasziniert, dass ich irgendwann bei Kaffee-Meisterschaften teilgenommen habe, seit 2010 bin ich nun mit meinem Laden selbstständig. Erst als Pop-up (Anm. der Red. für die Ü-60-Generation: ein Pop-up-Restaurant gibt es nur für eine kurze Zeit, dann verschwindet es wieder), jetzt in einem festen Laden.

Foto: Kaffeekommune

Alex: Wann ist ein Kaffee denn gut?

Paul: Wenn man einen Kaffee pur trinken kann, ist er gut, wenn er nur mit Milch und Zucker erträglich ist, ist er nichts.

Alex: Wann ist ein Kaffee schlecht?

Paul: Ein Kaffee darf nicht bitter sein. Dann sind die Bohnen alt oder schlecht oder er wurde falsch zubereitet.

Alex: Ich hab mal bei Wer wird Millionär gelernt, dass es auf die 5-M-Formel ankommt, also Mischung, Menge, Mahlgrad, Maschine, Mensch. Kannst du uns das kurz erläutern?

Paul: Die Mischung sind die Bohnen. Wichtig. Die Mischung macht’s. Der Mahlgrad: ebenfalls wichtig. Je feiner der Kaffee gemahlen ist, desto größer ist die Fläche, die mit Wasser in Berührung kommt! Die Maschine ist tatsächlich weniger wichtig, der Faktor Mensch dann wieder sehr.

Foto: Kaffeekommune

Alex: Wie bereitet man Kaffee denn zu Hause ganz einfach am besten zu?

Paul: Am besten mit einer French Press, die man herunterdrückt – oder mit einem Handfilter. Eine Cafetiera, dieses Herdkännchen, funktioniert nicht, weil das Wasser kochen muss, damit es hochsteigt. Damit ist es zu heiß. Es darf nur zwischen 90 und 97 Grad haben, nicht 100. Ein Vollautomat geht gar nicht, der Kaffee schmeckt einfach nicht.

Alex: Wenn man in der Stadt unterwegs ist und einen guten Kaffee trinken will, worauf sollte man in einem Café achten?

Paul:

  1. Ein Halbautomat (Siebträger) ist ein gutes Zeichen, bei einem Vollautomat lieber gleich weitergehen.
  2. Dann: läuft eine Mühle? Wenn der Kaffee nicht frisch gemahlen wird, ist er nach 20 Minuten tot.
  3. Ist die Milchdüse sauber oder verdreckt?
  4. Wird H-Milch oder eine gute Frischmilch für Cappuccino & Co. verwendet?
  5. Und dann: der Bohnenbehälter. Wenn der vor lauter Fett schon ganz angelaufen ist, das ist kein gutes Zeichen.
Foto: Kaffeekommune

Alex: Was hälst du von Kapseln?

Paul: Nespresso beispielsweise hat ein super Marketing. Nespresso steht für Lifestyle. Wenn man so ein Marketing benötigt, kann das Produkt nicht mehr für sich sprechen. Ein Kilo Kaffee kostet 80 Euro. Bei mir 30, ohne Marketing. Ansonsten: viel Müll. Ich habe mich einmal mit einem indischen Farmer auf dem Feld getroffen, der zeigte auf einen Haufen mit aussortierten Bohnen: „Der ist für George Clooney."

Alex: Wie viel Kaffee trinkst du am Tag?

Paul: Mindestens fünf Tassen. Wenn ich die Muße dazu habe.

Alex: Ist das gesund?

Paul: Ich fühle mich gut. Das ist ja guter Kaffee, den ich trinke. Alles in Maßen genießen.

Alex: Welchen Kaffee trinkst du am liebsten?

Paul: Ganz unterschiedlich, das wechselt. Die Natur verändert sich. Gerade habe ich einen neuen Kenianer reinbekommen, ich trinke gerne einen Äthiopier und von El Salvador. Mal als Filterkaffee, mal Espresso, mal Cappuccino, mal Cold Brew (Anm. d. Red.: kalt gebrühter Kaffee). Hauptsache, die Bohnen sind frisch gemahlen.

Alex: Ein Tag ohne Kaffee …

Paul: … gibt’s nicht.

Alex: Paul, danke dir fürs Interview und das viele Kaffee-Wissen!

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Den leckeren Kaffee (ischwör!) bekommt ihr in der Kaffeekommune in der Breidenbacherstr. 9 in Mainz. Geöffnet Mo/Di/Do/Fr 9 – 18 Uhr, Sa 10 – 18 Uhr, So 11 – 18 Uhr. Mi ist Ruhetag.

Mehr aus Mainzer Läden? Aber bitte doch. Hier geht's zu meinen Artikeln von Fuchs & Bente, dem N'Eis, dem Hubert, dem Schrebergarten, dem Burgerladen, der Weinraumwohnung und dem Möhren Milieu.

Foto: Kaffeekommune

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