Liebe Glühwein-Standbetreiberinnen und -standbetreiber auf den Weihnachtsmärkten,

ich liebe den Weihnachtsmarkt. Besonders an kalten, trockenen Tagen. Warm angezogen mit lieben Freunden oder Kollegen losziehen und mit einem Glühwein aufwärmen. Oder zwei. Oder so. Diese Saison hatte ich noch nicht das Vergnügen, bei Schnee Glühwein zu trinken, aber vielleicht kommt das ja noch. Wozu es so viele Buden mit Kram auf dem Weihnachtsmarkt gibt, habe ich nicht verstanden. Glühwein und Essen würde doch reichen! Nun gut.

Liebe Glühwein-Standbetreiberinnen und -standbetreiber, je nach Ort müsst ihr ein paar hundert, in den größeren Städten ein paar tausend Euro Standgebühren für einen Glühweinstand zahlen. Das ist recht ordentlich. Dennoch, der Run auf die Standplätze ist jedes Jahr gewaltig, nicht wahr?

Warum macht ihr eigentlich ein Riesengeheimnis daraus, was ihr verdient mit dem Glühweinverkauf? Da seid ihr immer sehr, sehr leise. Aber gut, ist ja Advent. Besinnlichkeit und so.

Branchenkennern und seriösen Medienberichten zufolge kann das, wenn nicht gerade die ganze Adventszeit Regen angesagt ist, in einer Stadt wie Frankfurt am Main schon einmal eine Viertelmillion Euro Umsatz (!) in einer Weihnachtsmarktsaison sein, pro Glühweinstand wohlgemerkt. Okay, ihr möchtet offiziell nichts sagen. Ist ja auch blöd wegen der Steuern, die ihr darauf abführen müsstet.

Eurem Verkaufsteam, das bis zu dreizehn Stunden in der Kälte stehen muss, könnt ihr auch leider nur kleine Löhne zahlen. Löhne? Von einem Euro dreißig pro Stunde (!) ist hier und da die Rede. Ach, blöd. Aber geschenkt. Ihr müsst ja sehen, wo ihr bleibt.

Man bekommt ja immerhin als euer Kunde eine ganze Menge geboten. Vergangene Woche war ich auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt und habe mit Freunden leckeren Winzerglühwein getrunken. Ein aromatischer Duft! Und der Geschmack erst.

Okay, sind wir mal ehrlich, das ist die Ausnahme. Oft schenkt ihr uns den anderen Glühwein aus. Genau, den billigen aus dem großen Tetra Pak. Schmeckt ein wenig nach einer Mischung aus Chemiebaukasten und Waschmittel. Damit das nicht so rauskommt, verdünnt ihr den mit ordentlich Wasser. Macht dann zwofuffzich pro Tasse. Plus Pfand.

Liebe Glühwein-Standbetreiberinnen und -betreiber, wir wissen, dass das Glühweingeschäft eines der ganz harten ist. Insofern sind wir mit der verdünnten Chemieplörre selbstverständlich einverstanden.

Ich wünsche euch ein wundervolles Weihnachtsfest. Und ihr solltet ab und zu eure hübschen Tassen nachzählen. Die habt ihr offenbar nicht mehr alle im Schrank.

Ich hol mir ein Bier, wollt ihr auch eins? Ich hab welches da. Von dem guten.

Cheers,

Alexander Stein

0 Kommentare zu Lieber Weihnachtsmarkt, es reicht!

Ihr müsst euch anmelden um einen Kommentar abgeben zu können. Wenn ihr noch keinen Benutzeraccount habt, könnt ihr euch hier registrieren.