Die Rhön in Thüringen: so idyllisch, dass es fast weh tut
Beitrag vom 30. Mai 2016 | Von Alexander Stein
Dass in Thüringen nix geht, ist nicht richtig – unter anderem saß ich hier zum ersten Mal auf einem Pferd (nun ja, aber seht selbst). Eines geht hier vor allem: mal so richtig runterkommen – in einer Landschaft, die derart attraktiv und zugleich schüchtern daherkommt, dass es mir fast das Herz zerbricht, nach drei Tagen wieder aufzubrechen:
„Du fährst in die Rhön?“ „Yep.“ „Ach ja, Hessen ist ja auch mal ganz schön.“ „Nee, ich fahre in die Rhön nach Thüringen.“ „In Thüringen gibt’s doch keine Rhön“, behauptet eine geschätzte Kollegin aus dem Funk. Die Kollegin ist in Thüringen geboren.
Die Rhön erstreckt sich über Hessen, Bayern und Thüringen – so ist es bei Wikipedia nachzulesen. Dass letztgenannter Fakt offenbar noch nicht im Mainstream angekommen ist, kann viele Ursachen haben. Die Folge davon: Wer von der Thüringer Rhön weiß und sich auf sie einlässt, muss sie nicht mit zigtausenden anderen teilen – und hat das kleine Paradies für sich. Also, pssst. ;)
Ich starte meine Tour durch die Rhön in Erfurt. Von hier aus dauert es schon eine ganze Weile (circa zwei Stunden) mit dem Auto über Land zu fahren. Fulda ist einerseits ein schöner alternativer Startpunkt für die Reise, andererseits möchte ich die Fahrt von Erfurt in die Rhön nicht missen. Links und rechts der Straße gibt es Schönes zu sehen: Rapsfelder in knallgelb, eine Hügellandschaft, die wirklich keinen Grünton auslässt – und darauf stehen ganz offensichtlich äußerst zufrieden grasende Rhönschafe (die mit dem schwarzen Kopf). Schon seit 1991 hat die Rhön das UNESCO-Label „Biosphärenreservat“, heißt: landschaftliche Vielfalt mit großem Artenreichtum.
Angekommen. Bernshausen in der Thüringer Rhön. Gerade mal 120 Einwohner. Auf der Stockbornranch weiden Quarter Horses neben Morgan Horses auf saftigen Wiesen. Jeder kann hier reiten oder es lernen. Ähm, ich auch? Aber ich hab das doch noch nie … OK, keine Chance. Heidi steht bereit (übrigens ein sehr guter Name für ein Pferd). Ob Heidi sich freut, kann ich gerade nicht beurteilen. Mit dem linken Fuß in den linken Bügel, über den Rücken schwingen (und das in Skinny-Jeans!) und dann mit dem rechten Fuß in den Bügel. So weit, so wackelig hier oben. Start, Bremse, lenken – ich bekomme eine kurze Einweisung. Nach ein paar Minuten habe ich einen kurzen Moment den leisen Verdacht, dass Heidi immer im Kreis läuft, egal was ich mache, auch wenn ich gar keine Befehle gebe. Das war natürlich nicht so – ich habe es ausprobiert und da bleibt das Pferd doch einfach stehen (ja, lacht mich doch aus). Heidi jedenfalls ist sehr klug. Und ich bin nicht vom Pferd gefallen.
Langsam wird’s dunkel auf der Stockbornranch. Heidi und die anderen Pferde sind in den Boxen. Grillen ist angesagt, natürlich gibt es auch Thüringer Rostbratwurst. Und wo schmeckt es schon besser als hier in der wilden Natur und zusammen mit netten Menschen?
Nebenan wird ein Fernrohr aufgebaut. Sternenhimmel beobachten, das geht hier in der Rhön in Thüringen besonders gut – ganz einfach, weil hier nicht viele Menschen auf einen Haufen leben und Licht produzieren, das bei der Sternenshow stört. Der zunehmende Mond, der Jupiter und der Große Wagen – nach einen ziemlich bewölkten Tag ist die Sicht jetzt nahezu perfekt. Der Sternenpark Rhön (so heißt das Gebiet hier mit fast natürlichen Nachtlandschaften und einem sternreichen Himmel offiziell) kann definitiv etwas – hier kommen auch Sternenneulinge auf ihre Kosten.
Einige Sterne und einige Gitarrenlieder am Lagerfeuer später übernachte ich megaplatt im Hotel Zur Grünen Kutte – ein echtes Landhotel, unglaublich herzlich und familiär geführt. Wer’s stylischer mag, fährt einfach ein paar Kilometer weiter und schläft im Hotel Schloss Geisa:
Aber bei aller Romantik – ich war ja nicht nur zum Pferdestreicheln in Thüringen. Die Wende ist in Thüringen immer noch ein großes Thema. Die alten Zeiten wünscht sich nach allem, was ich hier erlebt habe, aber kaum jemand zurück. An der Gedenkstätte Point Alpha zwischen Thüringen und Hessen wird an die Zeit des Kalten Krieges erinnert. Eine große Ausstellung dokumentiert das krasse Leben an der Grenze und die meist gescheiterten Fluchtversuche in den Westen. Absolut sehenswert.
Nach so viel Geschichte brauche ich eine Stärkung – auf dem Rhönlandhof. Wie der Name schon sagt: hier gibt es Leckereien von hier. Ich probiere feine (und grobe) Wurst, Dermbacher Nudeln und naturtrüben Apfelsaft. Auf einer kleinen Hof-Tour kann man sich hinter den Kulissen umschauen. Finde ich gut. Die Kälbchen offenbar auch:
Mit dieser ordentlichen Grundlage geht’s weiter in die Rhönbrauerei nach Kaltennordheim. Hier schaue ich mir nicht nur die Brauerei an, sondern probiere auch gleich noch ein paar Biere. Die haben hier echt witzige Namen. Die Hopfensinfonie etwa ist ein helles Starkbier (lecker!) und „Simco Serenade“ ist ein Pils mit leichter Maracuja-Note, stelle ich mir sehr erfrischend an langen Sommerabenden vor. Besonders die Mädels waren beim Tasting sehr begeistert.
Zum Runterkommen nach dieser Tour bin ich nun in Bad Salzungen. In diesem Kurort gibt es natürliche Solevorkommen. Sole wird hier als Heilmittel eingesetzt. Erst mal gibt’s einen schicken Kittel zum Drüberziehen und dann laufe ich durch den Sole-Wandelgang („Gradierwerk“), in dem die Sole an den Wänden heruntertropft. Nur atmen muss ich noch selbst. Macht tatsächlich ganz schön frei, hätte ich nicht gedacht. Was anderes als die Frankfurter Großstadtluft. ;)
Tja, Thüringen – was soll ich sagen?
Es war ganz großartig und sehr erholsam bei dir.
Tolle Landschaften, leckeres Essen.
Wir sehen uns bald wieder, ganz bestimmt!
In Zusammenarbeit mit der Thüringer Tourismus-Gesellschaft, Erfurt
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