Kumpir rockt! So geht vegetarische Küche in Mainz
Beitrag vom 20. Mai 2015 | Von Alexander Stein
Die Zeiten, in denen man in Restaurants verschämt „was ohne Fleisch“ bestellt und nur ein Stirnrunzeln geerntet hat, sind lange vorbei. Zumindest in den Metropolen. Hier geht’s längst nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch ums „Wie“. Leyla Camkerten-Benli (32) serviert ihren Gästen im Mainzer Restaurant „Schrebergarten“ Kumpir und andere vegetarische Leckereien. Ihre Mission: eine Mahlzeit mehr ohne Fleisch! Aber – es steckt viel mehr dahinter:
Innen weich, außen knusprig: „Kumpir für Mainz“ lautet das Motto. Kumpir kommt aus dem Balkan und ist eine Backkartoffel mit einer Füllung aus dem Innern der Kartoffel mit Butter, Käse und Salz vermischt – oder vegan mit Ölen und Salz, dazu Salat und Saucen, Mais, Oliven, je nach Variante.
Was zuvor geschah: Der Besitzer des Dönerladens am Mainzer Gartenfeldplatz wollte nicht mehr weitermachen, Leyla Camkerten-Benli (ehemalige Studentin der Kulturanthropologie, Theaterwissenschaften und Amerikanistik) sah darin ihre Chance Kumpir an die Frau oder den Mann zu bringen. Die Schrebergarten-Idee war geboren!
Alex: Hey Leyla, warum sollten alle zu euch in den Schrebergarten kommen und Kumpir essen?
Leyla: Kumpir ist was Leckeres, was Spannendes. Eine super Alternative zum Döner. Kumpir gibt’s auch sonst noch nirgends in der Stadt. Ist gesund und macht satt. Es gibt auch Suppen, Salate und selbstgebackenes Brot. Wir arbeiten weitgehend mit Bio- und regionalen Produkten. Alles vegetarisch. Unser Nachbar, das N’Eis (hier geht’s zum Artikel) hat für uns Eis produziert – das gibt’s zum Baklava dazu!
Alex: Bist du schon immer Vegetarierin?
Leyla: Seit sechs Jahren. Aber ich lebe nicht vegan, dafür esse ich zu gerne Zaziki und Käse. Ich hab früher sehr gerne Fleisch gegessen. Aber ich möchte das jetzt nicht mehr. Aus Tierliebe und weil’s ökologisch nicht korrekt ist. Wobei das bei Soja ja leider auch nicht der Fall ist.
Alex: Wenn ein Gast mit Fleischeslust vorbeikommt, was würdest du ihm oder ihr anbieten?
Leyla: Die griechische Variante: mit Soja-Gyros, Zaziki, eingelegten Pilzen und Oliven. Da kommt fast Fleischfeeling rüber. (lacht)
Alex: Hat vegetarische Ernährung deiner Meinung nach irgendwelche Nachteile?
Leyla: Naja, wenn man sich zu einseitig ernährt, kann man B12- oder Eisenmangel bekommen. Breit gestreut essen ist wichtig.
Alex: Ziehst du die Veggie-Tour auch an Weihnachten durch?
Leyla: Ja. Leider muss ich immer wieder bei meiner Familie um Verständnis bitten. Meine Eltern fragen immer, wann meine postpubertäre Phase vorbei ist und ich wieder Fleisch esse.
Alex: Was bedeutet dir Fleisch?
Leyla: Die Tiere, die ich so gerne knuddele, kann ich ja schlecht essen.
Alex: Was definierst du gutes Essen generell?
Leyla: Wichtig ist, dass man merkt, dass die Leute sich bei der Zubereitung Gedanken gemacht haben. Frische ist wichtig, ein wenig Pfiff. Und am schönsten ist es, wenn man gemeinsam essen kann und Spaß dabei hat.
Alex: Wo gehst du in Mainz gerne essen?
Leyla: „Asia Family“ ist toll, ein kleiner Laden am Münsterplatz, die kochen ohne Geschmacksverstärker. Da gibt’s ein superleckeres vegetarisches Currygericht. Und im L’Angelo in der Augustinerstraße ist es super, nicht nur wegen des witzigen Kellners.
Alex: Man kommt ja als Vegetarier leider immer noch hin und wieder in die Situation, dass man im Restaurant etwas Vegetarisches bestellt und dann etwas serviert bekommt, was man wohl auch im Jahr 1984 schon bekommen hätte – vor allem in kleineren Orten. Sollte man dann aufstehen und gehen?
Leyla: Ach, ich bin immer dankbar für jedes vegetarische Gericht, das ich bekomme. Es ist schwieriger als Vegetarier, aber man gehört heute Gott sei Dank auch zu keiner Randgruppe mehr. Notfalls einfach sagen, dass man eine Fleischallergie hat.
Alex: Die Zeiten haben sich so geändert. Fast Food, fettiges Zeug und schlechtes Essen ist absolut durch – zumindest bei den hippen Leuten. Was meinst du, wie wird sich das entwickeln, wo stehen wir in fünf Jahren, werden es dann fast nur noch fleischlose Läden in den Städten geben?
Leyla: Ich denke, fleischloses Essen wird zunehmen, es wird mehr akzeptiert und ein immer besseres Angebot geben. Der Fleischkonsum wird hoffentlich gezielter sein, bewusster. Man weiß, wo das Fleisch herkommt, Fleisch ist nicht mehr Hauptbestandteil des Essens.
Alex: Vielen Dank fürs Interview und ganz viel Erfolg mit deinem Laden!
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Der Schrebergarten in der Kurfürstenstraße 9 hat montags bis samstags von 11 bis 20 Uhr geöffnet, sonntags von 13 bis 18 Uhr.
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