Kurze, dunkle, lockige Haare, naja – doch etwas kräftiger, eine für ein Mädel ganz schön tiefe, raue Stimme, eigenwilliger Style – nie Hosen, sondern bunte Umhänge. Helena hieß sie. Achte Klasse, Gymnasium. War eigentlich gar nicht mein Typ – damals, als ich 15 war. Und doch hatte sie etwas Faszinierendes, Raues, fast schon Magisches. Keine offensichtliche Schönheit wie so viele.

Ostrava ist Helena.

Schwerindustrie, Hüttenwerke, Kohlegruben – das stand hier, in der drittgrößten Stadt von Tschechien, fast zweihundert Jahre lang auf der Agenda. Wenn ich mir die Stadt von oben anschaue, sehe ich dagegen nicht nur Hochöfen und gigantische Türme aus Stahl, sondern auch sehr viel Grün.

Fast scheint es mir, dass der Wind, der mir hier auf dem Turm des Rathauses in 73 Metern Höhe um die Ohren weht, eine Botschaft ins Ohr pfeifen wollte:

„Ich bin nicht die, für die du mich hälst.“

Die Stadtverwaltung von Ostrava
Die Kathedrale zum Göttlichen Erlöser

Es ist Festivalzeit in Ostrava: Colours of Ostrava – vom Guardian das Label “eines der zehn besten Musikfestivals in Europa“ bekommen. Kann man absolut so stehen lassen, hier geht’s zu meinem Artikel über das Colours. Das Festival ist mitten auf dem Industriegelände Dolni Vitkovice – weitestgehend befestigt, was in diesem Jahr ganz passabel ist: bei so viel Regen wäre das Colours andernfalls eine ziemliche Schlammschlacht.

Mitten auf dem Gelände protzt der Bolt Tower – 78 Meter hoch, ehemals Hochofen, jetzt immer noch Hochofen, aber mit einer gigantischen Glaskonstruktion auf der Plattform ein Turm für beste Aussicht auf das Gelände, die Stadt und natürlich aufs Festivaltreiben. Usain Bolt, der Läufer aus Jamaika, der auch in diesem Jahr wieder ordentlich bei den Olympischen Spielen abgeräumt hat, war Namenspate. 2015 ist Bolt bei einem Wettkampf in Ostrava angetreten – auf dem Turm mit den unendlich vielen Treppenstufen hat er für seine Läufe trainiert.

Mit der Tram durch den Ort fahren, das kann jeder – und so bewegen wir uns mit dem Kanu weiter. Macht super Spaß – entgegen der Flussrichtung zu fahren, da braucht’s richtig ordentlich Kraft. Tägliches Sportpensum für heute: check.

Bild: Jana Kralovcova

Nächste Station: Chillen im Zoo. Eigentlich sind Tiere nicht so ganz mein Ding, aber hier ist es echt schön. Über 400 Tierarten, und das in jeweils sehr weitläufigen Gehegen, das dürfte sogar die Tierschützer besänftigen.

Plötzlich fällt mir ein Hinweisschild im Zoo mit interessanten Piktogrammen auf. Ich habe einfach mal ein paar als kleinen Service für euch aus dem Tschechischen übersetzt:

obere Reihe, 1. Bild: Bitte dem Affen keinen Nachrichten schicken

obere Reihe, 3. Bild: Bitte nicht mit Inlinern auf ein Skateboard stellen

obere Reihe, 4. Bild: Bitte nicht die Hunde mit einem Stock am Hals kitzeln

mittlere Reihe, 1. Bild: Der Tiger mag seine Drinks ohne Strohhalm

Habt ihr weitere Ideen? ;)

Als jemand, der im Saarland geboren ist, ist mir das Thema „Bergbau“ sehr vertraut – gefühlt ging’s mindestens einmal im Schuljahr in die Grube. Im Bergbaumuseum Landek und einer Besichtigung unter Tage werden Kindheitserinnerungen wach – der gelbe Helm, der am Kopf zwickt (damals wie heute), der feine Staub von Kohle, der etwas muffige Geruch, der das Gefühl von Abenteuer vermittelt, auch wenn man hier unten nicht gerade von Freiheit sprechen kann, in den dunklen, engen Gängen in der Grube Anselm.

Es geht in einen Parcours im Stollen, in dem man den Arbeitsalltag der Grubenmitarbeiter nachempfinden soll. Ich steige in die Luke am Beginn des Parcours und versuche mich auf Bauch und Rücken durch den sehr engen Schacht hoch und runter zu bewegen. Seitwärts geht leider nicht – so viel Platz ist hier nicht. Ganz zu schweigen davon, dass der Parcours hier sauber ist, nur ein paar Meter lang und ein Terrain, das bereits erkundet wurde – also keine Überraschungen, kein Staub, keine Tiere, keine Panik davor, dass gleich die Decke herunterkommt. Trotz der entschärften Bedingungen finde ich es super anstrengend und beeindruckend, es einmal selbst auszuprobieren zu dürfen. Wer jemals denkt, seinen Job gerade beschissen zu finden, sollte sich diesen Parcours einmal gönnen. Wirkt.

Bild: Jana Kralovcova

Bild: Kai Schindler

Frisch gestärkt verabschiede ich mich aus Ostrava.

Authentische Küche von hier (Lendenbraten und Knödel) bekommt man im U Cingra (einfache Gaststätte), Burger und angesagtes Fastfood gibt‘s im Hogofogo Bistro. Richtig stylisch haben wir im Scansen gesessen – wie der Name schon erahnen lässt: hier gibt’s skandinavisches Essen vom Feinsten.

Ostrava, es war mir ein Fest mit dir.

In Kooperation mit CzechTourism und der Stadt Ostrava.

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