Rund drei Stunden Flug, bei geschickter Buchung schon für unter 100 EUR möglich (siehe hier), und in weniger als 30 Minuten per Aerobus oder Taxi in die Innenstadt. Für (fast) alle anderen Strecken trotz des günstigen Tarifs aber keine Alternative, denn: Jeder Fußweg wird belohnt mit begeisternden Eindrücken, traumhaften Bauwerken, Streetart und ganz viel Atmosphäre. Okay, Lissabon heißt auch „Stadt der sieben Hügel“ und die haben es echt in sich. Endlose Treppen, enge Gassen, Muskelkater des Grauens aber immer wieder auch einer der unzähligen Miradouros (Aussichtspunkte) mit atemberaubendem Blick.

Foto: Lukas Schmidt

Meine ersten Anlaufstellen vor einigen Jahren waren - klar, Studentenbudget lässt grüßen - die günstigen Hostels direkt in der Altstadt. Ich war ja hart im Nehmen, das versiffte 16er-Zimmer in Barcelona ging auch mal klar. Also raus aus dem Bus und ab auf die Suche nach engen Seitengassen oder eingefallenen Fassaden mit dunklen Großraumzimmern. Die erste Erkenntnis: Bei Sonne und Europa nicht mehr zuerst an Spanien denken: Die stylischen Hostels in Portugal haben mich völlig geflasht! Dazu gibt´s nicht nur Citymaps und Frühstück, sondern auch lange Abende in der Hostel-Küche. Etwas ruhiger geht´s auch in der Ferienwohnung. Den ersten Eindruck am Rossio – eigentlich Praça de D. Pedro IV – weiß die nach dem Erdbeben 1755 neu erbaute Innenstadt noch zu toppen: Riesige Plätze und breite Fußgängerzonen erstrecken sich bis zum Ufer des Tejo, der unweit der Stadt in den Atlantik mündet.

Foto: Lukas Schmidt
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Auf dem Weg über die Praça do Comércio zur Uferpromenade empfiehlt sich zu jeder Tageszeit ein Ginjinha am Rossio. Der Kirschlikör schmeckt auch den Einheimischen ganztags – ein Brauch, dem man sich nicht verschließen sollte. Und hey, zwischen Ginja und Wein das Essen nicht vergessen – allein das ist schon die Reise wert: Neben köstlichen Pasteis und anderen süßen Sachen zum Frühstück bietet Lissabon die ganze Vielfalt portugiesischer Küche: Frischer Fisch, Meeresfrüchte und Fleisch vom Holzkohlegrill – dazu gehaltvolle Rotweine ab 4 EUR pro Karaffe (auch wenn die Bedienung behauptet, sie hätten keine trockenen Rotweine: 14,5 % stauben einem schon mal lecker die Kehle ein) oder den erfrischenden „grünen“ Vinho Verde (bei bis zu zwölf Sonnenstunden eine sinnvolle Alternative, wenn der Tag noch weiter gehen soll). Das beste Grillhähnchen gibt´s zentral im Restaurante Bonjardim, scharfes Piri-piri-Öl zum Einpinseln steht schon auf dem Tisch. Per Bica (portugiesischer Espresso, "Beba Isto Com Açúcar", heißt grob übersetzt "Trink dies mit Zucker") oder Galão (mit Milch) kommt dann wieder Antrieb für die nächste Etappe. Die Bica ist übrigens genau wie der Ginja ein Ganztagsgetränk der Einheimischen, die zwar allgemein viel Zeit in ihren Cafés verbringen, ihre Bica aber gerne „auf die Schnelle“ ordern. Die Bezeichnung als Nationalgetränk ist absolut keine Übertreibung.

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Zwischendurch geht auch mal ein bisschen Kultur?! Kontrast ist der Charme Lissabons: Hier ist nicht alles schön wie in Rom, sondern vieles auch kaputt. Und deshalb wieder schön. Vieles ganz ist dafür noch in Belém. Das Entdeckerdenkmal und der Torre de Belém, ebenso wie das Mosteiro dos Jerónimos sind echte Highlights der früher so mächtigen Seefahrernation. Erbaut im eigenen Architekturstil Lissabons, der Manuelinik, gilt das Kloster zu Recht als DAS Symbol des Goldenen Zeitalters. Weiter stadtauswärts geht´s über Badestrände und Surferspots bis zum Ende der Welt. Naja, seit Vasco da Gama vielleicht nicht mehr wirklich, aber der westlichste Punkt Kontinentaleuropas am Cabo da Roca ist absolut beeindruckend. „Hier ... Wo die Erde endet und das Meer beginnt ...“, schrieb Luís de Camões. „… wird das unübersetzbare Lebensgefühl Saudade der Portugiesen spürbar“, würde ich anfügen.

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Spätestens zum Abendprogramm aber schnell wieder zurück in die Stadt, denn das Nachtleben in Lissabon haut einen um – und das nicht nur dank billigem Bier. Nacht ist übrigens wörtlich zu verstehen: Bis nach Mitternacht wird vorgeglüht. Aber nicht wie bei uns, daheim, sondern kollektiv auf dem Miradouro. Danach erst wird es voll in den Kneipen, Bars und Clubs, die grundsätzlich alle zu klein und viel zu voll sind. Kein Wunder, dass die Party im Bairro Alto auf der Straße stattfindet. Die Musik kommt laut, das Bier literweise im Plastikbecher (1,50 EUR) aus fast jedem Hauseingang des hoch gelegenen Altstadtviertels, während man auf dem Bordstein sitzend oder auf der Straße tanzend die allabendliche Massenparty außerhalb der modernen Clubs genießt.

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Das letzte Bier am Vorabend war schlecht? Kein Problem, Lissabon kann auch die ruhigen Töne beim Fado in der Alfama. Der eng verwinkelte Stadtteil unterhalb des Castelo de São Jorge beherbergt zahlreiche Bars und Restaurants, die am Abend mit der sanft-melancholischen Livemusik aufwarten. Oft mit Eintritt oder Verzehrzwang, aber direkt an der Igreja da Madalena auch noch ursprünglich – nämlich kostenlos und als eine Art open-stage-Veranstaltung für Amateursänger. Perfekt, wenn die Sonne in den Augen brennt und die Eindrücke von Bauwerken und Expogelände, Kunst und Kultur sanften Einzug in deine neugewonnene Liebe zur Stadt finden sollen.

Foto: Lukas Schmidt
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